19. September 2013

Heute schon geweint?

Neulich wurde mir im Gespräch mit meiner Schwester bewusst, wie wichtig es mir ist, in der Natur zu sein. Raus gehen, atmen, hören, und spüren...

Oft seufze ich morgens tief, während ich mich wetterfest einpacke und der Hündin das Halsband anlege... doch wenn ich so darüber nachdenke, wird mir klar, dass ich diese Momente brauche.

Zum Energietanken, zum Ruhigwerden, zum Nachdenken.
Wenn ich draußen war, fühle ich mich geerdet und ausgeglichen.
Rückblickend betrachtet, bin ich schon immer gerne draußen gewesen. Auch, weil ich schon einmal 15 Jahre lang eine treue Hündin an meiner Seite hatte. Sie hat mich beim Erwachsenwerden begleitet, ist mit mir von Zuhause ausgezogen in eine kunterbunte Wohngemeinschaft mit Freunden...
Wo ich auch war, die Hündin war dabei. Logisch, dass wir viel draußen waren! Damals war es mir aber nicht bewusst, wieviel mir das Natur-Erleben gibt. Heute bin ich älter, reifer, habe zwei Kinder, kümmere mich um so vieles und oft hechte ich tagsüber der Zeit hinterher, die viel zu schnell vergeht.
Doch dann stehe ich wie heute morgen im Wald und lausche der Stille. Die feuchte Regenluft, der sich verabschiedende Sommer, modriger Pilz- und Laubduft... und plötzlich war da dieser Kloß im Hals.
 
Mir kam der Gedanke, wann ich zum letzten Mal so richtig geweint hätte - ich konnte mich nicht erinnern.
Warum also nicht mal alles rauslassen?
 
Stress, Anspannung, Überforderung, Selbstzweifel...
 
Ich war sehr froh, dass niemand des Weges kam, als ich so dastand im Wald und heulte.
 
Ich weinte vor Erschöpfung.
Ich weinte um den Sommer.
Ich weinte wegen der Vergänglichkeit.
Ich weinte um meine Jugend.
Ich weinte wegen der Endlosigkeit des Seins.
Ich weinte wegen der Schönheit der Dinge,
und auch wegen all dem Häßlichen auf dieser Welt.
 
Ich weinte, weil das Leben so kurz ist.
Und weil ich so oft Zeit verschwende mit Nichtigkeiten.
Ich weinte, weil die Kinder so schnell groß werden - zu schnell.
 
Ich weinte wegen meiner zwanghaften Minderwertigkeitsgefühle,
wegen der Angst vor Einsamkeit,
und dem Gefühl, ständig zu enttäuschen.
 
Ich weinte, weil ich weiß, wie blöd solche Gedanken sind.
Und weil ich sie trotzdem denke - manchmal.
 
***
 
Und dann - genauso plötzlich, wie alles begonnen hatte - hörte ich auf zu weinen. Mir fiel kein Grund mehr ein (und außerdem macht so ein Kloß im Hals fiese Halsscherzen).
Weinen kann sehr entspannend sein! Ich fühlte mich leer und ausgeweint und ... bereit für Neues.
Zum Beispiel fühle ich mich bereit für den Herbst.
Ich bin bereit für die drei "K"s:  Kürbissuppe, Kaminfeuer und Kastanien. Ähnlich wie im Frühling, möchte ich durchs Haus fegen und ein gemütliches Nest schaffen. Die letzten Dinge im Garten erledigen. Behaglichkeit schaffen.
Tränen sind ein gutes Ventil, wenn sich zu viel Druck aufgebaut hat. Ich fühle mich jetzt besser.

13 Kommentare:

  1. mmmh, ja, kenne ich. Danach geht es einem viiieeel besser!
    Liebe Grüße! Sonja

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  2. Danke für deine schönen Worte und dein Geständnis.
    Wir können nicht immer nur stark sein, manchmal muss einfach alles raus. Ich hatte das gleiche Empfinden in der Natur, wenn ich mit unserem Hund draußen war. Leider hat uns die Süße viel zu früh verlassen und ich merke gerade ganz doll, wie sehr mir der Wald fehlt.....und der Hund.
    Traurige Grüße, Lilli

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  3. Vier Ks: Kerzen, ;-).

    Ja, weinen tut echt gut -- aber leider auch immer irgendwie weh, sonst würde ich es sicher öfter mal tun.

    Liebe Grüße,
    Corinna

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  4. Ach, da hatte ich doch gleich beim Lesen selber den Kloß im Hals. Ich verstehe Dich nur zu gut. Und oft denke ich, hätten wir doch auch einen Hund, der einen dazu zwingt, raus in die Natur zu gehen. Es tut sooo gut. Und manchmal ist dann eben der richtige Moment gekommen, um mal über alles Mögliche nachzudenken und die Tränen laufen zu lassen. Hast Du gut gemacht. Liebe Grüße, Anja

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  5. Ich geb´s jetzt einfach mal gradeheraus zu, ich heul eigentlich ständig. Es gibt doch soviel zu beweinen!!! Ja, und als ich bei Dir gelesen hab, weil die Kinder so schnell groß werden, war ich schon wieder soweit!!! Und weil wir immer älter werden und manchmal nicht klüger, und weil grad so ein tolles Lied im Radio kommt, und weil´s früher auch schön war,und weil es manchmal einfach sein muss!
    Liebe Grüße,
    Bea

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  6. Ja , liebe Papagena , mal muss das sein und es geht einem danach viel besser .
    Tolle Bilder hast du wieder gemacht und dein Hundi genießt die Waldspaziergänge auch . Im Wald gibt es ja auch so viel schöne
    Schnuffelspuren . :)
    Liebe Grüsse Heike

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  7. Dieses Ventil habe ich bei mir noch nicht gefunden ... leider, denn Dein Geschriebenes hört sich wirklich sehr befreiend an ...

    Alles Liebe,
    Sonja

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  8. Du hast alles gesagt, perfekt ausgedrückt - ich nicke zustimmend und füge nichts hinzu außer "Danke"! Lg

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  9. *einfachmalumarm*

    Verstehende Grüße vom Schäfchen

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  10. genau wie ein herbstregen. klärend, reinigend, beruhigend, entspannend. danke für deine schönen worte und bilder!!!
    alles liebe
    dania

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  11. Liebe Papagena, so wie das Lachen gehört auch ein Weinen zu den Menschen. Es gibt Tage das könnte man vor lauter Glück die ganze Welt umarmen und allen Menschen schenkt man ein Lächeln. Dann gibt es Tage und Momente, da trauern wir um so vieles was wir um Laufe des Lebens verloren haben. Du zählst sie in deinem Post alle auf, es sind unwiederbringliche Begebenheiten. Hinzu fügen möchte ich noch den Verlust von liebe Menschen.
    Zum Glück sind das meistens immer nur Momente mit diesen traurigen Gedanken, das Leben geht dann seinen Gang weiter mit so vielen neuen Glücksmomenten.

    Das sind wunderschöne Naturaufnahmen!
    Herzliche Grüße MinaLina

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  12. Auf dieses Weinen warte ich jetzt schon seit Monaten. Weil es befreit, weil es kanalisiert, weil es erdet, weil es Kraft gibt. Ich möchte und kann nicht...aber ich bin mir sicher: irgendwann öffnen sich die Schleusen...und dann ist wieder Platz für mehr schöne Gefühle, das Glück eine unglaublich tolle Familie zu haben....Aber so ist das in uns drin eben...da gibt es auch Jahreszeiten...wie Herbst und Winter...Tränen, die wie Regentropfen und Schneeflocken aus den unseren Trauerwolken fallen und dann Platz für die Sonne machen :-)...drück Dich!

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  13. Also ich fühle mich jetzt auch besser! Einfach weil ich deinen Gedanken mitgelesen habe!
    So schön! So schön, dass ich morgen ohne Hundeleine in den Wald losziehe und meinen eigenen Gedanken freien Lauf lasse.
    Ich habe die ganz stressige Phase hinter mir gelassen und fühle mich gerade sehr geerdet.
    Die Arbeit ist weniger geworden, das Leben mehr...was tut das gut, das Durchatmen können! Das wünsche ich dir auch!
    Lg Carmen (hör auf an dir zu zweifeln, du bist eine sympatische und sehr hübsche Frau!)

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